„Du wirst ein Guru werden und die Welt retten! Wir bereiten dich auf diese Aufgabe vor.“
So erhielt ich, damals 17 Jahre alt, die Berühmtheit geschenkt.
Die Nachricht erreichte mich unter der Dusche per Telepathie von einer Person aus dem Arbeitsumfeld. Rückblickend ein bewegender Moment, vom ersten Moment an war mir das Stimmenhören vertraut, ja gerade „extra für mich gemacht“.
Heute, mittlerweile 40 geworden, höre ich gelegentlich immer noch Stimmen, spreche in diesem Zusammenhang aber von erweiterter Wahrnehmung. Stimmen, mir bekannter Personen, helfen das Tagesgeschehen zu verarbeiten, Lösungen zu alltäglichen Fragen zu finden. Immer wenn ich Rat brauche, geniesse ich (echt!) das Zusammentreffen verschiedener Möglichkeiten von der Aussenwelt in meine Innenwelt hinein. Nicht die innere Stimme spricht, nein, denn die könnte ich wohl einfach „wegzappen“, sondern stimmliche Erfahrungen helfen mir in meinen Ruhezeiten mein mir bekanntes Leben zu erweitern. Doch das war nicht immer so.
In der Pubertät steigerte ich mich in Überzeugungen, welche sich dem Grössenwahn annäherten. Denn welche Person wird schon auf den Thron der Welt vorbereitet. Ich lebte meine Parallelwelt ohne jemanden genau darüber in Kenntnis zu setzen. Jedoch verplapperte ich mich und erhielt dann kurze Zeit später die Diagnose Schizophrenie. Der Stempel „Psychiatrie“ war mir von nun an aufgesetzt.
Allgemein war das Leben als Jugendlicher ohne Stimmen eine Qual. Ich besass kein Selbstvertrauen, auf welches ich zurückgreifen konnte. Durch Stimmen erhielt ich damals Tipps zur bewussteren Lebenssgestaltung. Doch scheiterte ich immer wider an mir selber. Zunehmend erarbeitete ich mir aber wieder bleibendes Selbstwertgefühl.
Trotzdem vertraute ich einer Stimme so sehr, dass ich nach langem und schmerzhaftem hin und her entschied, Suizid zu begehen. Um damit frühzeitig in eine Vorstufe des wunderschönen Paradieses zu gelangen.
Das schockhafte Erwachen, verletzt im Spital liegend, ermöglichte mir damals erste Erkenntnisse, dass Stimmen nicht alles mit mir machen können!
Trotzdem, Stimmen begleiteten mich weiter und ich entschied mich der Welt zu zeigen, wie konsequent ich sein kann. Ich verstummte. Für volle vier Jahre sprach ich kein Wort mehr. Kein Händedruck, keine Kontaktaufnahme mehr auf gewohnte Art und Weise.
Wenn ich zurückdenke gibt es so etliche traumatische Erlebnisse in meiner Biographie. Intensives Mobbing in den ersten vier Schuljahren, später heftige Akne (genau dann wen man eigentlich „gefallen“ möchte), dann war für mich die sexuelle Identitätsfindung ein sehr herausfordernder Prozess und da war damals noch dieses Kraut wessen Namen ich nicht nennen möchte. Alles zusammen, gepaart mit einer sehr sensitiven Persönlichkeit, erhielt ich wohl mit dem Stimmenhören eine Ausdrucksform (oder eher Eindrucks-Form?) um mich mehr mit meinem tieferen Wesen zu befassen.
„Die Zeit heilt die meisten Wunden“ und so ermöglichte ich mir, nach vier Jahren des Verstummens, durch meine Wiederaufnahme der verbalen Konversation auch sehr schnell wieder einen vielseitigeren Zugang zur Welt.
Heute fühle ich mich so gesund, wie ich es ohne „Krankheit“ wohl nie geworden wäre.
Und das war dann wohl auch das Ziel, als ich mich (damals noch unbewusst) auf den Weg machte um herauszufinden, was Gott mir für einen Auftrag mit auf den Weg gab.
Nämlich: Meine Seele zu erkunden.
Verfasst von Christian Feldmann, Stimmenhörer