Mögliche Bewältigungsstrategien

Es gibt verschiedene Bewältigungsstrategien, welche sich als hilfreich erwiesen haben. Dabei geht es prinzipiell darum, weg von einem vermeidenden hin zu einem konstruktiven Umgang zu finden. Dafür braucht es eine aktive Auseinandersetzung. Dies führt dazu, dass die Stimmenhörenden lernen können, dass sie eine eigene Position gegenüber den Stimmen haben (können, dürfen und sollen). Es gilt, diese zu finden und anzufangen, dafür einzustehen. Dies tut auch sonst im Leben, im Umgang mit anderen Menschen, gut.

Den Stimmen antworten/mit ihnen sprechen/nachfragen
Kurze Antworten geben wie „ja, du hast recht“ oder „nein, das stimmt nicht“. Es geht nicht darum, mit den Stimmen zu diskutieren, sondern ehrlich zu antworten, ohne Probleme zu provozieren. Es kann hilfreich sein, bei den Stimmen nachzufragen, was sie genau meinen. Man kann die Stimme direkt fragen, was sie sagen will oder weshalb sie solche Aussagen macht. Dabei sollte man versuchen, die Stimmen nicht zu bekämpfen, sondern auch bei destruktiven Stimmen mit Empathie auf sie einzugehen.

Zeitpunkt und Dauer festsetzen, wo man den Stimmen zuhören will: Stimmensprechstunde
Diese Technik funktioniert besser, wenn der Stimmenhörende nicht mehr so viel Angst vor den Stimmen hat, und sie braucht Disziplin. Der Betroffene verabredet sich mit den Stimmen für einen eingeschränkten Zeitraum, z.B. für 30 Minuten, zu einer festgelegten Tageszeit. Diese Verabredung sollte nicht dem täglichen Ablauf in die Quere kommen. Die Stimmen können dann zu allen anderen Zeiten zurückgewiesen werden, indem man sagt, man wolle ihnen nicht jetzt zuhören, sondern zum abgemachten Zeitpunkt. Dabei ist es wichtig, systematisch vorzugehen und die Verabredungen täglich zur selben Zeit mit derselben Dauer einzuhalten. Diese Technik funktioniert besser, wenn eine Tagesstruktur vorhanden ist. Dadurch wird der Stimme Aufmerksamkeit gewährt und aktiv zugehört. Die Stimmen bleiben eventuell trotz Sprechstunden die ganze Zeit, aber sie sind dann im Hintergrund (so wie beispielsweise Kinder, die nebenan spielen) und man beschäftigt sich dann nicht so intensiv mit ihnen.

Stimmen für eine bestimmte Zeit wegschicken
Betroffene können auch versuchen, die Stimmen für eine bestimmte Zeit, z. B. für eine Stunde, wegzuschicken, um selbst in dieser Zeit ungestört einer Tätigkeit nachgehen zu können. Am Ende dieser Zeit sollte es den Stimmen gestattet werden, wiederzukommen. Wenn die Stimmen nicht oft da sind, aber in ungünstigen Momenten auftauchen, besteht eine Variation dieser Technik darin, sich beim Umfeld zu entschuldigen und z.B. auf die Toilette zu gehen, um dort für zwei Minuten den Stimmen zuzuhören oder mit ihnen zu reden. Anschliessend kann zur zuvor ausgeübten Beschäftigung zurückgekehrt werden.

Aufschreiben, was die Stimmen sagen und fordern
Manche Menschen sind durch die Stimmen so verängstigt, dass sie ihnen nicht richtig zuhören können. Hier können sich stimmenhörende Menschen helfen, indem sie aufschreiben, was die Stimmen sagen und später entscheiden, wie sie mit dem Gesagten umgehen.

Überprüfen, ob das zutrifft, was die Stimmen sagen
Wenn sich z.B. eine Stimme kritisch über das Aussehen äussert, reicht möglicherweise ein Blick in den Spiegel, um die Aussage zu überprüfen. Vielleicht kann man auch eine Person, der man vertraut, fragen, was sie dazu denkt. Danach kann der Betroffene selbst entscheiden, ob er den Stimmen Recht gibt und etwas verändern möchte oder nicht. Üblicherweise macht es den stimmenhörenden Menschen noch unsicherer, wenn er nicht überprüft, was die Stimmen sagen, und seine Beziehung zu den Stimmen ändert sich dann nicht. Die Überprüfung festigt die Selbstsicherheit und ermutigt, selbst Entscheidungen zu treffen.

Den Stimmen Grenzen setzen
Sobald die Stimmen etwas sagen, das man einem anderen Menschen nicht durchgehen lassen würde, kann es hilfreich sein, dies der Stimme auch zu sagen, z.B. „wenn du so mit mir redest, werde ich dir nicht zuhören“. Wenn dies konsequent durchgeführt wird, kann es sein, dass die stimmenhörende Person immer stärker die Bedingungen für das Erscheinen der Stimmen bestimmen kann. Gleichzeitig geht es aber auch nicht darum, komplett über die Stimmen zu bestimmen, sondern ein ausgewogenes Miteinander zu fördern – so wie man es auch mit Menschen haben würde.

Die Forderungen der Stimmen nicht sofort ausführen
Diese Technik wird notwendig, wenn die Stimmen stark insistieren und sich die Betroffenen gezwungen fühlen, sofort alles zu tun, was diese fordern. Durch das Aufschieben wird der Druck reduziert und die dadurch entstandenen Gefühle gelöst. Das Ziel ist, abzuwarten und zu sehen, was passiert, wenn die stimmenhörende Person gar nichts tut. Je länger man die Ausführung der Befehle hinauszögern kann, desto besser. Es kann mit einer Minute Wartezeit begonnen und diese dann langsam gesteigert werden.

Die Emotionen (z.B. Ärger) hinter den Befehlen der Stimmen verstehen und eine angemessenere Reaktion finden
Diese Technik hat Ähnlichkeit damit, die Forderungen der Stimmen nicht sofort auszuführen. Sie ist vor allem dann wichtig, wenn die Stimmen bedrohliche, beunruhigende Befehle aussprechen wie z.B. die Verletzung oder Tötung anderer Menschen oder auch von sich selbst. Solche Forderungen der Stimmen könnten z.B. damit zu tun haben, dass der Stimmenhörende keinen Ärger äussern kann und ihn stattdessen hinunterschluckt. Man könnte diese Technik folgendermassen anwenden: Sorgfältig zuhören, was die Stimmen sagen, es dann aufschreiben und sich zehn alternative Reaktionen ausdenken und aufschreiben.

Mit anderen Menschen über die Stimmen sprechen
Wenn stimmenhörende Menschen mit anderen über ihre Stimmen sprechen, können sie lernen, Gefühle der Angst und Scham zu überwinden. Es kann auch die Einsamkeit nehmen und hilfreich sein, um über die Stimmen zu reflektieren. Manchmal – vor allem, wenn man sich das noch nicht gewöhnt ist – kann es die Stimmen kurzfristig verstärken, wenn man sich anderen Menschen öffnet. Doch langfristig tut es meist gut. Es macht aber natürlich Sinn, sich zu überlegen, wem man vertrauen kann.

Sich mit den Stimmen gemeinsam mit etwas Anderem beschäftigen
Man kann z.B. mit den Stimmen zusammen Kreuzworträtsel lösen oder Sudoku spielen. Dies kann dabei helfen, dass sich die Stimmen gemeinsam mit der stimmenhörenden Person auf etwas fokussieren und dadurch Befehle oder wiederkehrende Aussagen der Stimmen, die nerven, (für einen Moment) wegbleiben.